Pressemitteilung
Gemeinsame Erklärung: Einrichtung einer Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft
(Koordinationszentrale) zur grundlegenden Verbesserung der Zusammenarbeit in der Lieferkette
Pressemitteilung
Gemeinsame Erklärung: Einrichtung einer Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft
(Koordinationszentrale) zur grundlegenden Verbesserung der Zusammenarbeit in der Lieferkette
Bonn, 01.03.2021: Markt- und Preisvolatilitäten und die Diskussion über Produktionsauflagen haben eine Vielzahl von Konflikten erkennen lassen, die die Zusammenarbeit in der Kette zwischen Erzeugern, Verarbeitern und dem Handel zunehmend erschweren. Vor diesem Hintergrund werden Handel und Landwirtschaft eine zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (nachfolgend Koordinationszentrale) etablieren. Es ist das primäre Ziel, die Zusammenarbeit in der Lieferkette nachhaltig zu verbessern. Gemeinsam erreichte Effizienzgewinne und höhere Wertschöpfung sollen allen Teilnehmern der Kette, insbesondere den Landwirten, zugutekommen.
Die Kernelemente des Konzeptes wurden am 2. Februar 2021 durch den Präsidenten des HDE, Herrn Josef Sanktjohanser, und den Vorstandsvorsitzenden der EDEKA Zentrale und Vizepräsident des HDE, Herrn Markus Mosa, die im Vorfeld vom Präsidenten des BVLH, Herrn Friedhelm Dornseifer sowie den Vorständen der vier Handelsgruppen ALDI, Schwarz-Gruppe, EDEKA und Rewe mandatiert wurden, in einem Ministergespräch vorgestellt. Die Überlegungen des Handels stießen bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf positive Resonanz. Beide Minister unterstützen den Vorschlag ausdrücklich. Die Präsidenten des DBV und des DRV, Herr Joachim Rukwied und Herr Franz-Josef Holzenkamp, befürworten das Konzept sowie die zügige Gründung der Koordinations-zentrale. Sie sichern ihre aktive Teilnahme zu.
Zielsetzung
Vorrangiges Ziel der Koordinationszentrale ist es, die Interessen der Marktbeteiligten über alle Stufen der Lieferkette hinweg angemessen zu berücksichtigen. Insbesondere wird bei erweiterten Vorgaben zu gesellschaftlich relevanten oder anderen Themen eine abgestimmte Vorgehensweise angestrebt. Im Sinne guter Nachvollziehbarkeit und einer klaren Orientierung sollen die verschiedenen Bestrebungen stärker gebündelt werden, um gemeinsam Effizienzgewinne und eine höhere Wertschöpfung zu erzielen sowie den Verbraucherinteressen und gesellschaftlich relevanten Themen gerecht zu werden.
Bezogen auf die Zusammenarbeit in der Lieferkette wird die Koordinationszentrale für einen besseren Dialog und Klarheit sorgen, eine Verhärtung der Fronten vermeiden, aktiv Beiträge zur Befriedung leisten, sowie Lösungen zur Beilegung bestehender bzw. erkennbarer Konflikte zwischen den Marktbeteiligten in der Lieferkette anbieten. Die Koordinationszentrale dient den Marktbeteiligten als Anlaufstelle für die Benennung von Konflikten und das Vorbringen konkreter Beschwerden.
Im Fokus stehen zunächst die Frischeartikel im LEH, die im Wesentlichen die Produktgruppen Milch, Fleisch, Eier und Geflügel sowie Obst und Gemüse umfassen. Perspektivisch werden weitere Bereiche hinzukommen.
Es wird ein Lebensmittelkodex entwickelt, der die Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Lieferkette definiert. Der Lebensmittelkodex legt ein verbindliches Regel- werk sowie klare Prozesse zur Streitbeilegung fest. Der Kodex ist freiwillig und wird für die Marktbeteiligten verbindlich, die sich diesem Kodex anschließen. Die Mitwirkung steht allen Marktbeteiligten offen, die sich mit den Regeln des Kodex identifizieren und diese einhalten. Im Falle von Verstößen gegen den Lebensmittelkodex oder sonstiger Konflikte können die Markt- beteiligten, die den Kodex anerkannt haben, eine neutrale Ombudsstelle anrufen. Zur Beilegung von Konflikten zwischen den Marktbeteiligten wird ein definierter Schlichtungsprozess etabliert.
Rahmenbedingungen
Die Zusammenarbeit der Beteiligten in der Koordinationszentrale orientiert sich an der unterneh- merischen Selbstbestimmung im Rahmen der europäischen Marktordnungen und den Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Alle Handlungen unterliegen der nationalen sowie der europäischen Rechtssetzung, mit besonderer Beachtung des Wettbewerbsrechts.
Standards werden diskriminierungsfrei entwickelt und umgesetzt. Themen für eine denkbare weitere Standardsetzung ergeben sich aus der abgestimmten Priorisierung aktueller und zukünftig erwartbarer Brennpunkte und Konflikte. Exemplarisch seien hier Themen wie Herkunfts- und Haltungskennzeichnung und Regionalisierung, Nachhaltigkeit und Klimawandel sowie Fondslösung zur Honorierung zusätzlicher Standards genannt. Die Anschlussfähigkeit der Ergebnisse aus den aktuell laufenden Agrargesprächen des BVLH wird berücksichtigt.
Bestehende wirtschaftsgetragene Standards wie das QS-Prüfsystem, QM-Milch und KAT, die ITW und andere werden bei auftretenden Konfliktthemen hinzugezogen. Die Behandlung und Lösung solcher Themen erfolgen, wo immer möglich, in den Gremien dieser Standards zur Qualitätssicher-ung, zur Rückverfolgbarkeit und zum Tierwohl.
Träger und Kernelemente der Organisation
Gründer und Träger der Koordinationszentrale sind der Handelsverband Deutschland e. V. (HDE), der Deutsche Bauernverband e. V. (DBV) sowie der Deutsche Raiffeisenverband e. V. (DRV). Weitere Verbände/Organisationen werden hinzugezogen und eingebunden.
- Aufbau der Organisation
Die Koordinationszentrale wird aus der Wirtschaft heraus organisiert, agiert neutral und versteht sich dabei als Dialogpartner für alle Wirtschaftsbeteiligten in der Kette. Gedankliches Vorbild und konzeptionelle Grundlage stellen die QS Qualität und Sicherheit GmbH (QS) und auch die Initiative Tierwohl (ITW) dar, deren Organisationsmuster auf der freiwilligen Selbstverpflichtung in der Lebensmittelkette basiert. Hier ist es gelungen, unternehmensübergreifend und unter Einbeziehung aller Beteiligten in der Kette, flankiert durch eine schlagkräftige Organisation, wirksame Konzepte umzusetzen und im Prozess erkennbare Konflikte zwischen den Beteiligten in der Sache konstruktiv zu lösen.Der Aufbau der Koordinationszentrale wird von den Trägern finanziert. Mittel- und langfristig soll die Finanzierung durch Beiträge der Unternehmen gesichert werden, die sich der Koordinations-zentrale anschließen und den Lebensmittelkodex anerkannt haben.Die nachfolgend genannten Gremien sind im Rahmen der weiteren Ausgestaltung der Koordinationszentrale zu besetzen. - Führung der Koordinationszentrale
Der Vorstand wird aus den Präsidenten/Vizepräsidenten der Träger gebildet. Er initiiert und entscheidet über die Grundlagen der Arbeit der Koordinationszentrale und den Lebensmittelkodex. Diese Besetzung stattet die Koordinationszentrale mit der notwendigen Autorität und Integrität aus. Die beteiligten Initiatoren und Akteure leisten die Aufbauarbeit der Koordinationszentrale und sorgen für ihr zukünftiges Wirken. - Lenkungskreis
Ein Lenkungskreis, der sich aus Vertretern des Lebensmitteleinzelhandels und der Landwirtschaft zusammensetzt, erarbeitet Vorschläge zu den Regeln, Maßnahmen und Aktivitäten und bildet das operative Führungsgremium. Bei der Besetzung des Lenkungskreises werden außerdem Vertreter der Branchen Fleisch- und Milchwirtschaft, Eier und Geflügel sowie Obst und Gemüse (BVLH, VDF, BVDF, MIV, ZDG, BVEO und weitere) berücksichtigt. Besondere Beachtung findet die fachgerechte Einbringung der Interessen der Landwirtschaft.
Themenbezogen werden Arbeitsgruppen eingerichtet, die dem Lenkungskreis zuarbeiten. - Ombudsstelle und Streitbeilegung
Eine wesentliche Aufgabe der Koordinationszentrale ist die Klärung von Konflikten in der Lieferkette. Für die Diskussion und Klärung der jeweiligen Themen werden Diskussionsforen durch Fachgremien zur Konfliktbearbeitung und Problemlösung eingerichtet.